Nach drei Jahren konnte endlich wieder der Plattdeutsche Nachmittag des Heimatvereins Erle stattfinden. Wie sehr man diese beliebte Veranstaltung vermisst hatte, bewies der bis auf den letzten Platz besetzte Saal bei Brömmel-Wilms. Die „groten Brejpottspöllers“ der Plattdeutsch-AG des Heimatvereins trugen humorvolle Sketche im Wechsel mit einem Gesangs- und Bewegungsrhythmus vor. Im „finen Lokal“ ging es nicht ganz so fein zu bei Suppe mit Käfereinlage. In Erle soll es ja auch bald ein „finet Lokal“ geben: das geplante Genossenschaftshaus. „Wi willt hoppen, dat se doar met Fleegen un dreckige Dissdecken äs Speisekarten nich sonne Last häbbt“, kommentierte Mia Pass den Sketch. Dass Platt auch zur Jugendkultur passt, bewiesen die Brejpottspöllers im ihrem Rapp „Du un Platt“: „Bij us hört Platt bij de Kultur as de olle Kerktornsnuhr.“ 

Im „finen“ Lokal gibt es dreckige Tischdecken als Speisekarten

Zwei Sketche hatten die Schule zum Thema. In der „Vererbung“ konnte Jans seinen Vater davon überzeugen, dass sein schlechtes Zeugnis mit Vererbung zu tun hat und Bennädkens Vater erfand  kreative Rechtschreibregeln: „Ofen schrifs du in´n Sommer groot und in´n Winter kläin, weil denn Aowend dann heete is un du üm nich anpacken kass.“

Kreative Rechtschreibregeln für Bennädken

Loriots berühmter Sketch „Mutters Klavier“ und der dritte Streich von Max und Moritz mit Schneider Böck kamen auf Platt noch sehr viel witziger rüber.

Die Ankunft von Moders Klaveer wird gefilmt
„Schnieder“ Böck hat den Streich von Max und Moritz überlebt

Der Bewegungsrhythmus „Wenn ik nich up de Bühne stünn, wat wöll ik dann wall wäsen?“ mit den zur Schau gestellten Berufsbewegungen der Handwerker wurde als Zugabe wiederholt, weil er tosenden Applaus bekam. Zwischendurch wurden plattdeutsche und hochdeutsche Adventslieder zur  Gitarrenbegleitung von Norbert Sabellek gesungen.

Beim Bewegungsrhythmus mussten die Handwerker ihre Bewegungen aufeinander abstimmen

Ingrid Horstmann, die zusammen mit Mia Pass, Hedwig Rentmeister und Doris Hülsmann die AG betreut, stellte als positiven Effekt der Schauspielerei für die Kinder fest: „Ich sehe immer wieder, was es mir den Kindern macht, wenn sie in einer für sie nicht alltäglichen Sprache vor Publikum auftreten. Sie gewinnen ungemein an Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein. Platt wird als Umgangssprache nicht zu retten sein, aber immerhin wird die Sprache der Vorfahren dadurch in der öffentlichen Wahrnehmung gehalten.“

Applaus für die Brejpottspöllers

Darauf hatten sie lange gewartet. Endlich konnten die Kinder der Plattdeutsch-AG der Erler Silvesterschule nach langer Zeit wieder vor Publikum auftreten. Auf dem Seniorennachmittag im Silvesterhaus trugen die Breipottspöllers Lieder, Reigenspiele und Geschichten auf Platt vor. Sehr zur Freude der älteren Generation, ist doch den meisten das Erler Platt von Kindesbeinen an vertraut.

Die Brejpottspöllers

AG-Leiterin Ingrid Horstmann, die humorvoll und souverän auf Platt durch das Programm führte, bat das Publikum, über einige Unstimmigkeiten hinwegzusehen. Denn die Drittklässler sind erst seit ein paar Wochen in der AG und traten zum ersten Mal vor Publikum auf.

Beim Klumpenleed wurde mit den Klumpen getrampelt

Die Kinder trugen die jeweiligen Stücke in bunter Verkleidung vor. Zum „Klumpenleed“ klapperten sie passend mit ihren Holzschuhen. Der „Schostenfäger“ fand sein Deernken auf seinem Spaziergang natürlich in Schornsteinfegerkleidung. Und auch die „flietigen“ Handwerker stellten ihre jeweiligen Berufe in passender Handwerkskleidung vor. Von der Solidarität zwischen Arm und Reich handelte das Rollenspiel „Wi willt deelen“, in dem sieben Zwerge sich ihre gesammelten Lieblingsfrüchte großzügig mit den „Müüsen“ teilen, als sie merken, dass diese sich nachts über ihre „Appels, Prumen und Nötte“ hermachen. Natürlich wurde auch das „Erlske Leed“ und das „Erlske Kinderleed“ „Ik häbb Koppiene“ gesungen, in dem die „Piene“ erst nach Verabreichung von Süßigkeiten weggeht. 

Zwerge und Mäuse teilen miteinander

Die Kinder bekamen viel anerkennenden Beifall und natürlich Süßigkeiten. „Es macht Spaß, den Erwachsenen zu zeigen, was man auf Platt schon kann“, freute sich Neuling Jan Heider. Und Senior Franz-Josef Elbert bemerkte: „Es ist schön, vertraute plattdeutsche Töne auch heute noch von Kindern zu hören. Meine Eltern haben mich in meiner Kindheit angehalten, Hochdeutsch zu sprechen. Doch untereinander sprachen wir Kinder natürlich Platt.“ Sicherlich wird nicht noch einmal so viel Zeit vergehen, bis die Brejpottspöllers bei den Senioren auftreten.

Schostenfäger trifft sein Deernken

Der Heimatverein Erle bietet Führungen an der Femeiche und im Heimathaus / Heimatmuseum an. Jeden ersten Sonntag im Monat findet in der Regel um 15.00 Uhr eine öffentliche Führung an der Femeiche (Ekhornsloh) und durch die Femeichenausstellung im Heimathaus des Heimatvereins Erle (Silvesterstraße 5) unweit der Femeiche statt. Carlo Behler erzählt als Freigraf Bernd de Duiker an der Femeiche in mittelalterlicher Gewandung persönlich über seine Tätigkeit als Vorsitzender des Femegerichts im 15. Jahrhundert und aus der Geschichte des 1000-jährigen Naturdenkmals.

Öffentliche Führung
Bernd de Duiker erzählt von seiner Tätigkeit als Freigraf
Bernd de Duiker berichtet aus dem Leben der Femeiche
Führung mit dem Verkehrsverein Dorsten

Anschließend geht es durch den Ortskern ins nahegelegene Heimathaus (Silvesterstraße 5) zur Ausstellung über die Femeiche. Hier werden manche Informationen über die Femeiche anschaulich erweitert und vertieft. Auch die anderen Ausstellungen im Heimathaus (fränkische Gräberfunde aus dem Frühmittelalter, steinzeitliche Funde und eine historische Schulstube) können natürlich besichtigt werden. Die Führung dauert ca. 1 1/4 Stunde und wird von März bis Oktober durchgeführt. (Ankündigung in der Presse, auf der Homepage und auf Facebook) Von November bis Februar finden nur Führungen im Heimathaus (15.00 – 17.00 Uhr) statt. Die Teilnahme ist kostenlos, Spenden werden gerne entgegengenommen.

Femeichenausstellung im Heimathaus

Die Themen der Tafeln umfassen die Bereiche: die Frage nach dem Alter des Baumes, die Entwicklung der Go- und Freigerichtsbarkeit (Nieder- und Hochgerichtsbarkeit) im Mittelalter, die Bedeutung der Femegerichtsbarkeit als besondere Form der Freigerichtsbarkeit im Spätmittelalter, der Freistuhl zum Assenkampe an der Erler Femeiche, der Femeprozess von 1441, die Nachwirkungen der Feme in Literatur, Kunst und Politik, berühmte Besucher an der Femeiche, die Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen, die Eiche in der NS-Zeit, Besuchsgruppen in den letzten 100 Jahren, Funk- und Fernsehen an der Eiche, die Aufstellung der Gerichtsskulptur und das Nachspiel des Femeprozesses  von 1441 sowie die Gedichte über die Eiche.

Über die Mailadresse: info@heimatverein-erle.de können jederzeit private Führungen angefragt werden.

Radtour zu den 17 Erler Geschichtsstationen. Auf einer ca. 2 – 2,5 Stunden währenden Radtour zu den Erler Sehenswürdigkeiten und durch die Erler Geschichte wird Unterhaltsames und Interessantes über das kleine Dorf am Rande des Westmünsterlandes geboten.

Die touristischen Angebote sind ideal auch für Familienausflüge und Fahrradgruppen.

Femeichenflyer

Alle touristischen Angbote finden sich aucb in dem neuen Flyer über die Femeiche. Der Inhalt wurde weitgehend aktualisiert und auf den Stand des Wissens gebracht, das Professor Roloff, Leiter des Kuratoriums Nationalerbe-Bäume in der Deutschen Dendologischen Gesellschaft bei der Aurufung der Erler Femeiche zum 12. Nationalerbe-Baum Deutschand am 30. Oktober 2021 insbesondere in seinen dendrologischen Ausführungen präsentierte.

Die Flyer liegen aus in der Flyerbox an der Femeiche, im Hotel „Koornhuus 1832“ und in der Brennerei Böckenhoff in Erle sowie im Naturparkhaus in Raesfeld am Schloss.

Der Femeichenflyer Vorderseite
Der Femeichenflyer Rückseite

Auf der Babywiese an der Erler Mühle fand am Tag der deutschen Einheit 2020 die erste Kräuter- und Staudenbörse des Heimatvereins statt. Einige Gartenliebhaber hatten von ihren Stauden im Garten Ableger abgestochen und boten sie zum Tausch und Erwerb an, anstatt sie im Biomüll zu entsorgen.

Die Stauden und Kräuter ließen sich gut tauschen.

Trotz des im Laufe des Nachmittags einsetzenden Regens kamen viele Hobbygärtner aus Erle und Umgebung, um gegen eine kleine Spende Stauden und Kräuter wie Margeriten, Dahlien, fette Henne, Stockrosen, Zitronenmelisse und Salbei mitzunehmen und ihren Garten damit auf preiswerte Weise zu verschönern. Erläuterungen und Pflanztipps gab es gratis dazu. Auch selbst gezogene Kräutersamen und Herbststäuße fanden ihre Abnehmer. Die Einhaltung der allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln war auf der weitläufigen Babywiese kein Problem. Das gespendete Geld fließt naturgemäß in weitere Pflanzungen auf der Babywiese und die Unterhaltung des Bauerngartens am Heimathaus.

Innerhalb von 14 Tagen erfuhr die Erler Femeiche eine zweifache Ehrung. Am 30. Oktober 2021 wurde sie zum 12. Nationalerbe-Baum in Deutschland ausgerufen und am 14. November wurde eine neu gestaltete Ausstellung im Erler Heimathaus eröffnet, die die Geschichte des 1000-jährigen Naturdenkmals erzählt. Zuvor war dem Heimatverein Erle am 25. Oktober im Rahmen der Verleihung des Felix-Sümmermann-Preises für Denkmalpflege eine Anerkennung für seine Projekte rund um die Femeiche ausgesprochen worden.

Eröffnung der Femeichenausstellung

21 Informationstafeln

Da der Heimatverein von der Auszeichnung der Eiche zum Nationalerbe-Baum erst später erfahren hatte, konnte die Ausstellungseröffnung nicht gleichzeitig stattfinden. Die ca. 50 Besucher der Ausstellung wurden von Carlo Behler zu jeder vollen Stunde durch die 21 Informationstafeln umfassende Ausstellung geführt. Er hatte die Informationstexte formuliert und die Bilder und Grafiken zusammengestellt. Mediengestalter Wenzel Schierenberg gestaltete mit einem Spezialprogramm diese Vorlagen zu anschaulichen Einheiten. Denn jede Tafel hat ein eigenes Thema und ist übersichtlich in verschiedene Abschnitte mit Überschriften und entsprechender Bebilderung gegliedert. Passend zum alten Eichenbaum unterstreichen unterschiedliche, den Texten unterlegte Grüntöne die Gliederung. Originalzitate werden in historischen Schrifttypen wiedergegeben.

Femeichenausstellung wurde eröffnet
Der Ausstellungsraum mit Schautafeln, Mantelfragment und Baumscheiben

Die Themen der Tafeln umfassen die Bereiche: die Frage nach dem Alter des Baumes, die Entwicklung der Go- und Freigerichtsbarkeit (Nieder- und Hochgerichtsbarkeit) im Mittelalter, die Bedeutung der Femegerichtsbarkeit als besondere Form der Freigerichtsbarkeit im Spätmittelalter, der Freistuhl zum Assenkampe an der Erler Femeiche, der Femeprozess von 1441, die Nachwirkungen der Feme in Literatur, Kunst und Politik, berühmte Besucher an der Femeiche, die Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen, die Eiche in der NS-Zeit, Besuchsgruppen in den letzten 100 Jahren, Funk- und Fernsehen an der Eiche, die Aufstellung der Gerichtsskulptur und das Nachspiel des Femeprozesses  von 1441 sowie die Gedichte über die Eiche.

Schautafel Femeprozess von 1441

Das Alter der Eiche

Die verschiedenen Berechnungen zum Alter der Eiche auf der ersten Tafel kommen zu einem ähnlichen Ergebnis wie Professor Roloff von der TU Dresden. Mit geschätzten 800 – 1100 Jahren (Prof. Roloff: 800 – 1000 Jahren) kann man mit einiger Berechtigung von der 1000-jährigen Femeiche sprechen. Die lange kolportierte Überlieferung, die Eiche sei schon zur Zeit Karls des Großen ein mächtiger Baum gewesen, und die sich daran knüpfenden Erzählungen, sie habe vor über 1300 Jahren als heidnischer Kult- und Versammlungsort der Germanen fungiert, werden somit ins Reich der Legenden verwiesen, es sei denn man folgte der Erklärung, dass die Eiche einen Vorgängerbaum gehabt habe. In einer Tischvitrine sind Faksimiles von notariellen Dokumenten aus dem 14. – 16. Jahrhundert zu sehen, die als Kaufverträge, Erbverträge u. Ä. vor dem Erler Freigericht beurkundet wurden.

Tischvitrine mit Urkunden

Mantelfragmente und Baumscheiben

Norbert Sabellek (v. l.), Klaus Werner und Carlo Behler freuten sich über viele Besucher. Blickfang der Ausstellung: Das große Mantelfragment mit Astansätzen

Blickfang der Ausstellung ist ein 1,40 m langes Mantelfragment, das vor Jahrzehnten bei Pflegearbeiten aus dem Mantel im oberen Stammbereich herausgeschnitten wurde. In einer Ausbuchtung sind die Jahresringe eines Astansatzes zu sehen. Zudem haben Hermann Buning und Johannes Kempken Astscheiben aus einem vor ca. 40 Jahren entfernten Ast mit ca. 150 Jahresringen als Leihgabe der Ausstellung zur Verfügung gestellt.

Baumscheiben auf Blattgold: Wenzel Schierenberg (l.) und Carlo Behler, die Gestalter der Ausstellung, zeigen zwei mit Blattgold unterlegte Baumscheiben der Femeiche, eine Leihgabe von Hermann Buning.

Nach Besichtigung der Ausstellung konnten die Besucher bei Kaffee und Kuchen gegen eine Spende ihre Eindrücke austauschen. Den Kuchen hatte wieder Biobäcker Hubert Leiers gebacken und dem Heimatverein kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Spendenerlös wird einem karikativen Zweck zugeführt. Die Ausstellung ist an jedem 1. Sonntag im Monat von 15.00 – 17.00 Uhr geöffnet.

Anerkennung für Denkmalpflege

Am 25. Oktober war bei der Verleihung des Felix-Sümmermann-Preises für Verdienste um die Denkmalpflege im Kreis Borken im Kreishaus Borken dem Heimatverein Erle für seine vielfältigen Projekte rund um die Femeiche eine Anerkennung, verbunden mit der Zuwendung von 100 €, ausgesprochen worden. Der erste Preis ging an den Heimatverein Werth für die Restaurierung der Turmwindmühle Werth, den zweiten und dritten Preis erhielten Familien für die Restaurierung alter Fabrikantenvillen, der Villa Grüter in Borken und der Villa Lühl in Gemen. Zudem bekam die evangelische Kirchengemeinde Gronau einen Sonderpreis für ihren Einsatz für die Wilhelm-Sauer-Orgel. Sie wurde, aus Dortmund stammend, von der Kirchengemeinde in Gronau übernommen.

Im Kreise der Jurymitglieder die Vertreter des Heimatvereins Erle mit der Anerkennungsurkunde: ab 4. v. l.: Norbert Sabellek, Wenzel Schierenberg und Carlo Behler
Die 10 Bewerbergruppen, denen eine Anerkennung ausgesprochen wurde. Neben Landrat Kai Zwicker (l.) die drei Vertreter des Heimatvereins Erle

Der Heimatverein hat auf unterschiedliche Art Informationen über die Femeiche für Besucher zugänglicher und anschaulicher gemacht. Neben der oben beschriebenen Ausstellung sind vor Jahren Informationstafeln und die steinerne Nachbildung des Femegerichts an der Femeiche aufgestellt worden. Flyer über die Femeiche und die 17 Erler Geschichtsstationen können aus Boxen an der Informationstafel entnommen werden. Besucher können ihre Eindrücke und Gedanken in ein Gästbuch schreiben. Zudem besteht die Möglichkeit, Sämlinge, die im Bauerngarten am Heimathaus von der durch Vereinsmitglieder betreuten Garten-AG der Grundschule aus den Eicheln der Femeiche herangezogen werden, mit Echtheitszertifikat zu erwerben.

Ausrufung der Femeiche zum Nationalerbe-Baum

Trotz des Nieselregens hatten sich zwei Wochen zuvor ca. 150 Zuschauer eingefunden, die sich das einmalige Ereignis der Erhebung der Femeiche in den „Adelsstand“ nicht entgehen lassen wollten. Als erster Baum in NRW und als 12. bundeweit wurde die Femeiche vom Kuratorium Nationalerbe-Bäume in der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG) wegen ihrer Einmaligkeit und historischen Besonderheit als Gerichtsstätte zum Nationalerbe-Baum ausgerufen.

Laudatio auf die Femeiche von Professor Andreas Roloff
Raesfelds Bürgermeister Martin Tesing (l.) und Professor Andreas Roloff enthüllen die Tafel, die die Femeiche zum Nationalerbe-Baum ernennt.

Professor Roloff von der TU Dresden, Vorsitzender des Kuratoriums, würdigte in einer Laudatio die alte Eiche. Er erklärte  die Veränderungen ihrer Gestalt in den letzten 250 Jahren und erzählte aus ihrem langen Leben. “Dieser Baumveteran ist absolut einmalig. Was für eine Skulptur von Lebewesen, welch aufregende Gestalt“, schwärmte der Forstbotaniker. Der Stammumfang von 12,45 m in 1,30 m Höhe lasse ungefähr auf ein Alter von 800 – 1000 Jahren schließen. Damit sei die Eiche von Umfang und Alter einer der wertvollsten Bäume des Landes. Mit der Ausrufung zum Nationalerbe-Baum ist die Finanzierung notwendiger Pflege-, Sicherungs- und Schutzmaßnahmen verbunden.

„Dieser Baum lehrt uns Respekt vor dem Leben.“

Der stellvertretende Landrat Otger Harks gratulierte zur Auszeichnung und Bürgermeister Martin Tesing versprach, zusammen mit der unteren Landschaftsbehörde des Kreises Borken  der Eiche weiterhin alle notwendige Pflege zukommen zu lassen. Der Präsident der DDG Eike Jablonski stellte die Arbeit der seit 1892 existierenden DDG vor, die sich den Erhalt, die Pflege und die Pflanzung von Bäumen und Sträuchern zur Aufgabe gemacht hat. Fabian Tilling, Pfarrer der Gemeinde St. Martin, die seit Jahrhunderten Grundbesitzerin der Femeiche ist, verglich den zerklüfteten Stamm mit den zerfurchten Händen eines alten Menschen. „Ich wünsche mir, dass dieser Baum uns Respekt vor dem Leben lehrt“, resümierte der Geistliche.

v.l.: Professor Andreas Roloff, DDG-Präsident Eike Jablonski, Pfarrer Fabian Tilling, stellv. Vorsitzender des Kirchenvorstandes Gregor Badurczyk, Bürgermeister Martin Tesing
Der Heimatverein Erle überreicht Professor Roloff mehrere Geschenke: einen alten Korn der Brennerei Böckenhoff (Andreas Cluse und Norbert Sabellek v. l.), einen Bildband über die Femeiche von Klaus Werner (M. r.) und eine Astscheibe der Femeiche von Hermann Buning (r.). Zudem bekommen er und DDG-Präsident Jablonski (M. l) je einen Femeichensämling geschenkt.

Die Feier wurde musikalisch umrahmt von den Erler Jägern. Zum Abschluss spielten sie das „Erlske Leed“, wobei kräftig mitgesungen wurde. Anschließend klang die Feier bei Kaffee und Kuchen aus.

Die zahlreichen Zuschauer lauschen der Rede von Pfarrer Tilling
und trotzen dem Regenwetter.

Heimatverein und KFD planen Aktion am 8. Mai

Lasst Blumen sprechen! Diese alte Weisheit möchten der Heimatverein Erle und die KFD Raesfeld, Rhedebrügge und Erle in einer Sonnenblumenaktion am 8. Mai in die Tat umsetzen. Die Sonnenblume, in alten Mythen Symbol der irdischen Vergänglichkeit und der Liebe, soll vor allem an Menschen erinnern, die ihren Angehörigen und Freunden nahestanden, für die es z. T. aber keine Grabstätte (mehr) gibt oder deren Grab nicht erreichbar ist.

Frauen der KFD und des Heimatvereins haben kleine Zwergsonnenblumen herangezogen. Die Jungpflanzen werden am 8. Mai an der Kirche in Rhedebrügge sowie auf den Friedhöfen in Raesfeld und Erle an den Soldatengräbern zur Mitnahme zur Verfügung gestellt. Diese Gräber eignen sich am Tag des Kriegsendes besonders als Ort des Gedenkens. In Erle hat der Heimatverein an den Grabsteinen der Soldaten Informationsblätter über die Gefallenen angebracht.


Die Frauen der KFD und des Heimatvereins stellen die Sonnenblumenaktion an den Soldatengräbern in Erle vor: v. l. Brigitta Schneiders, Doris Groß-Bölting, Mia Pass, Martha Eming, Christel Springer und Ingrid Horstmann

Die Sonnenblumen können auf Gräbern oder im Garten gepflanzt werden oder auf Terrasse, Balkon und in der Wohnung als Kübelpflanze an Verstorbene erinnern. „Meine Sonnenblume wird mich in unserem Garten an meine verstorbene Patentante erinnern, die weit weg in der ehemaligen DDR beerdigt ist“, bemerkte Doris Groß-Bölting aus Rhedebrügge bei der Vorstellung der Aktion auf dem Friedhof in Erle. Martha Eming aus Raesfeld will ihre Blume ihren verstorbenen Verwandten in Kanada und Brigitta Schneiders ihre ihren fünf im Krieg gefallenen Onkeln widmen. „Ich werde meine Sonnenblume auf einer Grünfläche des Friedhofs in Gladbeck pflanzen, wo sich die aufgehobene Grabstelle meiner Eltern befand“, erklärte Christel Springer aus Erle.

Auch die evangelische Kirchengemeinde unterstützt die Sonnenblumenaktion und wird am Lukaszentrum in Raesfeld 5 Blumen zum Gedenken an die Opfer von Krieg, Terror und Rassismus pflanzen. Monika Neumann von der Flüchtlingshilfe wird Raesfelder Flüchtlingen Blumen zum Andenken an ihre Toten in der Heimat übergeben. So kann jeder auf seine Weise die Sonnenblume als Erinnerungssymbol nutzen.


Am Lukaszentrum sollen auch Blumen gegen das Vergessen gepflanzt werden: v. l. Wolfgang Warschewski (evangelische Kirchengemeinde), Monika Neumann (Flüchtlingshilfe), Hedwig Rentmeister (Heimatverein Erle)

Mit dem Foto „Steinkauzfamilie neben Röhre“ gewann der Heimatverein einen mit 500 € dotierten Preis des Westfälischen Heimatbundes (WHB). Dem Naturfotografen Alois Grunewald aus Erle war dieser seltene Schnappschuss nach langen Stunden des Ansitzens gelungen. Mit diesem Foto bewarb sich der Heimatverein beim Fotowettbewerb des WHB.

Der Altvogel mit drei Jungtieren neben der Steinkauzröhre

Denn der WHB hatte unter seinen Mitgliedsvereinen für das Thema des neuen Fotokalenders 2021 „Engagiert für Natur – Heimatakteure im Fokus“ einen Wettbewerb ausgeschrieben. Passend zu seinem Themenschwerpunkt „Zukunft der Dörfer“ nimmt der WHB damit nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement für Natur im ländlichen Raum in den Blick. 

Der Kalender ist das Ergebnis des Wettbewerbs, der durch das Sponsering der NRW.BANK ermöglicht wurde. Aus den 129 Fotos von 34 Wettbewerbern wurden dann 12 Fotos für den Jahreskalender ausgewählt und prämiert; das des Heimatvereins Erle ist für den Juni vorgesehen.

Das Foto

Denn es war am 13. Juni 2020 um 21.48 Uhr in der Wiese des Bauern Heinrich Bente in der Bauernschaft Östrich in Erle, als Alois Grunewald auf den Auslöser seiner Kamera drückte. Seit ca. 19.30 Uhr hatte er unter der Kauzröhre auf einem Apfelbaum in ca. 8 m Entfernung, verborgen unter einem Moskitonetz, auf seine Chance gewartet. Es dauerte lange, bis sich das erste vorwitzige Käuzchen außerhalb der Röhre zeigte; denn die nachtaktiven Tiere werden erst in der Dämmerung munter. Der Altvogel flog immer wieder heran, um seine noch nicht flüggen Jungen mit Käfern zu füttern. Als dann die beiden anderen kurz vor Einbruch der Dunkelheit erschienen und das Alttier sich lautlos dazu gesellte, blieben Grunewald nur Sekunden, um das preisgekrönte Foto zu schießen.

Heimatvereinsvorsitzender Norbert Sabellek (links) und Naturfotograf Alois Grunewald mit einer Steinkauzröhre im Querschnitt
An einer solchen Röhre gelang dem Hobbyfotografen das prämierte Foto mit der Steinkauzfamilie

Der Fotograf

Der Naturfotograf fotografiert seit seinem 20. Lebensjahr. „Ich bin jetzt Rentner und habe viel Zeit für mein Hobby. Rumsitzen kann ich überhaupt nicht“, erklärte der Naturliebhaber, der bei jeder Gelegenheit im Freien mit der Kamera auf „Jagd“ nach Motiven in der Flora und Fauna geht. Schon seit den 90er Jahren bastelt der Heimatverein Niströhren für Steinkäuze, die z. T. aus alten Holzrolläden bestehen. „Wir haben zurzeit 14 Kauzröhren auf Obstwiesen in Erle, von denen dieses Jahr die Hälfte von Steinkäuzen genutzt wurde“, erläuterte Vereinsvorsitzender Norbert Sabellek. Im Frühjahr wird bei zwei Kontrollgängen die Belegung geprüft. Ab und zu findet man dabei neben Kauzeiern und Jungtieren auch Stare als Mieter. Das Preisgeld ist für weitere Naturschutzmaßnahmen des Vereins vorgesehen.   

Am 23. und 24. März 1945 wurde Erle bombardiert und der Ortskern erheblich zerstört. Ursprünglich wollte der Heimatverein Erle am Sonntag, 22. März, in zwei Gedenkveranstaltungen im Heimathaus und am Ehrenmal an die Bombardierung erinnern. Doch wegen des Verbots öffentlicher Veranstaltungen entfallen beide Termine. Daher möchte der Heimatverein auf einer Gedenktafel am Ehrenmal und auf seiner Homepage an dieses Ereignis erinnern.  

Die Zeitzeugin Elisabeth Kuhlmann, geb. Pieper, gibt in ihrem Bericht in dem Buch „Erle 1945“ den Zeitpunkt wieder, als am 23. März 1945 kurz vor 11 Uhr Flugzeuge Spreng- und Brandbomben über Erle abwarfen.

 „An diesem Morgen war kein Luftalarm gegeben worden. Meine Schwester Luzie und ich hoben mit Hilfe von Franz und Lambert Langenhorst auf unserem Hof zwei Ein-Mann-Löcher aus. Es muss gegen elf Uhr gewesen sein – unsere Ein-Mann-Löcher waren gerade zur Hälfte fertig – als wir die Flugzeuge hörten. Gesehen haben wir die erst, als sie über dem Hof Kuhlmann-Telm waren. Lambert Langenhorst rief: „Die klinken aus!“Mit dem gleichen Atemzug sprang er über den Hofzaun und suchte in einem Ein-Mann-Loch auf dem Nachbargrundstück Deckung. Franz und ich sprangen in das eine halbfertige Ein-Mann-Loch, meine Schwester in das andere.

Die Häuser Langenhorst und Pieper, vom zerstörten Kirchturm aus unten links zu sehen

Luzie, die bei ihrem Sprung in das Loch von einem umherfliegenden Steinbrocken in den Rücken getroffen wurde, hat mir später erzählt, dass sie ein Geschwader von 6 Flugzeugen gezählt habe. Ich selbst hörte einen lauten Knall, dem mehrere Erschütterungen folgten. Ringsherum wurde es dunkel. Um uns herum flogen Steine, Holz- und Glassplitter. Der von der aufgewühlten Erde verursachte Staub war so dicht, dass man die Umgebung kaum noch erkennen konnte. Wir hörten unsere Mutter unsere Namen rufen. Sie kam aus dem Haus gestürmt. Keiner wusste, was passiert war. Zusammen liefen wir dann in Richtung Kuhlmann-Telm, um uns in den dort angelegten Schutzgräben in Sicherheit zu bringen. Von dort aus sahen wir, wie Rauch aus dem Turm unserer Kirche drang. Erst jetzt wurde uns klar, dass die Flugzeuge unsere Kirche getroffen hatten.

Die zerstörte St.-Silvester-Kirche beim Wiederaufbau 1949

Wir liefen, als die Flugzeuge weg waren, ins Dorf. Aus der Kirche schlugen lichterloh die Flammen. In unserem Haus waren durch die Explosionen die meisten Fensterscheiben zerstört. Die Türen und Rollladen hingen schief in den Angeln.“

Viele Häuser im Ortskern wurden getroffen und erheblich zerstört oder brannten aus, ebenso der Kirchturm, der im Laufe des Tages umkippte. In den folgenden Tagen kam es zu erneuten Bombenabwürfen und Tieffliegerangriffen auch in den Bauernschaften. Der Krieg, den Nazideutschland 1939 mit den Überfall auf Polen gegen die Staaten Europas begonnen hatte, brach über Erle herein und brachte auch hier Tod und Zerstörung.

Schulkinder spielen im Bombentrichter

Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat das in seiner viel beachteten Rede vom 8. Mai 1985 – 40 Jahre nach Kriegsende – so formuliert:

„ Während des Krieges hat das NS-Regime viele Völker gequält und geschändet. Am Ende blieb nur noch ein Volk übrig, um gequält und geschändet zu werden: das eigene, das deutsche Volk. … Die anderen Völker wurden zunächst Opfer eines von Deutschland ausgehenden Krieges, bevor wir selbst zu Opfern unseres eigenen Krieges wurden.“

Hauptlehrer und Heimatforscher Fritz Sagemüller: Er und zwei russische Kriegsgefangene wurden getötet, während sie am damaligen Lehrerhaus in der heutigen Silvesterstraße neben der heutigen Grundschule letzte Sicherungsmaßnahmen wegen der erwarteten Bombenangriffe vornahmen. Seine Familie überlebte währenddessen in den Schutzräumen im Keller des Hauses.

Zu den Opfern der Bombenangriffe auf Erle zählten Hauptlehrer Fritz Sagemüller, Regina Henneböhl und Johanna Langenhorst sowie zwei russische Kriegsgefangene. Insgesamt sind in Erle bei den Bombardierungen und Tieffliegerangriffen sowie bei den Gefechten beim Einmarsch der Alliierten am 28. März 35 Soldaten gefallen: 26 deutsche, 6 englische, 2 russische und ein Amerikaner. Einige davon sind auf dem Erler Friedhof beerdigt. Doch nicht alle der in den 18 Soldatengräbern beerdigten Toten sind in Erle gefallen.

Das Haus Henneböhl wurde getroffen und Regina Henneböhl getötet

WIR GEDENKEN DER OPFER

Wir Erlerinnen und Erler gedenken der in Erle 1945 zu Tode gekommenen Menschen und darüber hinaus auch der Millionen im Zweiten Weltkrieg gefallenen und in Kriegsgefangenschaft ums Leben gekommenen Soldaten:

  • aus Erle
  • aus Deutschland
  • aus allen anderen Ländern, die vom Krieg betroffen waren.

 Wir gedenken auch aller anderen Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft:

  • der Millionen Zivilisten, die bei Bombardierungen und Kriegshandlungen sowie durch  systematische Ermordung und Verhungern zu Tode kamen.
  • der 6 Millionen Juden, die in Konzentrationslagern ermordet wurden.
  • der Sinti und Roma, der Homosexuellen und der Geisteskranken, die aufgrund einer unmenschlichen Ideologie umgebracht wurden.
  • der Menschen, die wegen ihrer politischen und religiösen Überzeugung Widerstand leisteten und deswegen sterben mussten.

WIR LERNEN AUS DER GESCHICHTE

Die NS-Ideologie hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaft und Hass zu schüren. Wir lernen aus der eigenen Geschichte, wozu der Mensch fähig ist. Deshalb dürfen wir uns nicht einbilden, die Menschheit sei anders und besser geworden. Auch heute leiden viele Menschen auf der Welt unter Kriegen und sind Vorurteilen, Gewalt und Terror ausgesetzt. Viele kommen als Flüchtlinge und Hilfesuchende zu uns. Vorurteile und Hass gegen diese Menschen und Andersdenkende sind in den Medien, besonders in den sogenannten sozialen zu finden. Die Morde von Hanau zeigen uns, dass Hass in offene Gewalt umschlagen kann.

WOFÜR WIR EINSTEHEN

Wir setzen symbolisch ein Zeichen, indem wir uns plakativ gegen Vorurteile, Hass, Gewalt und Kriege in der heutigen Zeit wenden. Wir  entzünden Lichter für die Werthaltungen, für die wir als Menschen und Christen in unserer Gesellschaft und in Erle einstehen.

Gedenkstätte des Heimatvereins am Ehrenmal in Erle
Die Worte des Gedenkens, die auf dieser Seite stehen, sind auch am Ehremmal zu lesen.

Unsere Geschichte lehrt uns, dass Hasspropaganda und verbale Herabwürdigung der Nährboden für Entmenschlichung ganzer Bevölkerungsgruppen, z. B. in Begriffen wie „Untermenschen“ oder „lebensunwertes Leben“ waren.

Wir sprechen uns aus gegen abfällige Reden, Hasskommentare und anonyme Beschimpfungen im privaten und vor allem im öffentlichen Diskurs.

Wir stehen ein für R E S P E K T und zivilisierte Umgangsformen im Miteinander.

Unsere Geschichte lehrt uns, dass die staatliche und soziale Diskriminierung der jüdischen Minderheit und der Sinti und Roma letztendlich im Holocaust endeten.

Wir sprechen uns aus gegen pauschale Vorurteile und Diskriminierung von Minderheiten aufgrund ihres Aussehens, ihrer andersartigen Kultur und Religion.

Wir stehen ein für T O L E R A N Z gegenüber Minderheiten wie Flüchtlingen und Zuwanderern und für einen Umgang, der von Achtung vor der Würde des Mitmenschen geprägt ist.

Unsere Geschichte lehrt uns, wie der Überwachungsstaat der nationalsozialistischen Diktatur die Freiheit der Menschen beschnitt.

Wir sprechen uns aus gegen jegliche Diktatur und Autokratie, ganz gleich, ob sie auf nationalistischen, kommunistischen oder islamistischen Weltanschauungen basiert.

Wir stehen ein für D E M O K R A T I E, Machtkontrolle und Rechtsstaat, der die Meinungsvielfalt zulässt und die Freiheit der Menschen schützt.

Unsere Geschichte lehrt uns, dass zwei Weltkriege unermessliches Leid über Europa gebracht haben.

Wir sprechen uns aus gegen gewaltsame Lösung von Konflikten in Form von Kriegen und Gewalt gegen Leib und Leben.

Wir stehen ein für eine gewaltfreie Austragung von Konflikten und für F R I E D E N zwischen Völkern, Nationen und Religionen. Wir sind dankbar für 75 Jahre Frieden in Deutschland und in der europäischen Union.

Jahreshauptversammlung des Heimatvereins Erle

Gut besucht war die Jahreshauptversammlung auch dank des Erscheinens junger Leute und Familien

Ein Blick in die Runde zeigte den Wandel: Nicht nur das klassische Klientel der älteren Mitbürger, sondern auch junge Familien mit Kindern und junge Erwachsene konnte der Vereinsvorsitzende Norbert Sabellek unter den 70 Teilnehmern des Jahreshauptversammlung begrüßen. Dem Verein ist es gelungen, durch seine Schwerpunktsetzungen auch junge Leute für die Heimatarbeit zu begeistern.    

Zusammenarbeit zwischen Schule und Heimatverein

Seit Jahren schon bringen die 4 Mentorinnen den „Brejpollspöllern“, den Grund- und Sekundarschülern  der Plattdeutsch-AG, durch Spielen, Singen, Sprechen und Lesen die Erler Mundart spielerisch bei, weiß Doris Grunewald zu berichten. Der Andrang zu der AG sei groß; denn den jungen Schauspielern mache es einen Riesenspaß, in Altenheimen, an Seniorennachmittagen, beim Maikranzaufhängen, auf dem Sommerfest und am Plattdeutschen Nachmittag Sketche, Reigen, Märchen und selbstgeschriebene Stücke in Erler Platt aufzuführen. Die „grooten Brejpottspöllers“ schreiben zurzeit an einem Plattdeutsch-Krimi: Tatort Erle. Durch das Hobby ihrer Kinder kommen auch deren Eltern zum Heimatverein.

Die Brejpottspöllers und ihre Mentoren

Gleiches gelte auch für die Garten-AG am Heimathaus, in dem die Kinder erfahren, wie gesät, gepflegt und geerntet wird, berichtet Ingrid Horstmann. Als die Lokalzeit des WDR in Erle an der Femeiche drehte, präsentierten die Kinder in dem Filmbeitrag, wie sie Eicheln unter der Femeiche sammeln und diese im Heimathausgarten zu Eichensetzlingen heranziehen, die dann mit Zertifikat verkauft werden. Zudem baut die Natur- und Vogelschutzgruppe des Vereins regelmäßig mit den Kindern der OGS Nistkästen. Für die Zusammenarbeit zwischen Schule und Heimatverein wurde der Verein vom Landrat Dr. Zwicker bei der Verleihung des Heimatpreises des Kreises Borken mit einer Urkunde und 200 E besonders gewürdigt.

Babywiese mit Heimatpreis ausgezeichnet

Ein weiterer Bereich, in dem Kinder und Jugendliche sich für die Heimatarbeit engagieren, ist die Babywiese, auf der mittlerweile 60 Obstbäumchen gepflanzt wurden, für die Kinder als Baumpaten fungieren. Jeden ersten Samstag im Monat treffen sich Kinderpaten und ihre Familien auf der Wiese, um Pflegearbeiten durchzuführen und neue Beete anzulegen. So wurden auch unter Mitwirkung von Grundschulklassen eine Wildblumenwiese, ein Kräuter- und ein Sumpfbeet angelegt. Drei dort stationierte Bienenvölker sorgen seit einem Jahr für die Bestäubung der Bäume und Pflanzen. Für 6 neu gepflanzte Birnen- und Apfelhochstämme konnte der Heimatverein ortsansässige Vereine (Schützenverein, Eintracht Erle, die KLJB Erle-Rhade, die Silvesterschule, Imkerverein Raesfeld) sowie den ehemaligen Vereinsvorsitzende Klaus Werner, dem Ideengeber für eine Babywiese, als Baumpaten gewinnen und die Verbundenheit der Vereine mit dem Heimatprojekt Ausdruck verleihen. Insbesondere die Landjugend war mit Tat- und Maschinenkraft eine unersetzliche Hilfe beim Ausbau der Babywiese.

Vertreterinnen und Vertreter von Eintracht Erle, der Landjugend und dem Imkerverein präsentieren auf der Babywiese als Baumpaten ihre Baumschilder und Patenurkunden.

Beim Interview von Norbert Sabellek mit Baumpatenkindern machten diese einige gute Vorschläge für die künftige Arbeit und Freizeitgestaltung: Bau eines Geräteschuppens, Paprikazüchten, eine Infotafel für die Babywiese sowie Gerichtsspiel an der Femeiche und gemeinsame Ausflüge. Für das Projekt Babywiese erhielt der Heimatverein den drittplazierten Heimatpreis, der mit 1000 € dotiert ist. In der Begründung der Preisverleihung wird insbesondere der ökologische und soziale Effekt der Babywiese als Biotop für Pflanzen und Insekten und die Einbeziehung von Familien und Vereinen bei der Anlage und Pflege des landschaftlichen Idylls hervorgehoben.

Gang nach Emmaus

Hildegard Gülker berichtet von der Arbeit der „Koffieköppkes“. Seit 10 Jahren haben die Seniorinnen und Senioren 16 Ordner alter Fotos mit Namen und Ereignissen zusammengestellt und Totenzettel archiviert. Beides soll in den nächsten Jahren digitalisiert und auf der Homepage zugänglich gemacht werden. Auch Texte über altes Brauchtum wurden verfasst wie „De Pingsterbrut“ und „Denn Versehgang“. Für den Osterpfarrbrief erscheint ein Bericht über den „Gang nach Emmaus“. Das Evangelium des 2. Ostertags nahmen junge Leute früher als Anlass, nach den Entbehrungen der Fastenzeit an diesem Tag einen feucht-fröhlichen „Emmaus-Gang“ in die Gasthäuser des Dorfes zu unternehmen oder den Nachbarort einzubeziehen, wie im Jahre 1873, als Raesfelder Junggesellen nach Erle kamen, um den Erler Kirchturm zu vermessen zum Beweis, dass er kleiner war als der Raesfelder, aber von den Erlern mit einem „Güllesegen“ vertrieben wurden.

Touristenattraktion Femeiche

Die Femeiche ist nach wie vor Anlaufpunkt für viele Besucher aus aller Welt. In das Gästebuch der Eiche haben sich u. a. Besucher aus Spanien, Russland, Japan und Australien eingetragen wie auch das Filmteam, das im Januar für #münsterlandliebe in der Lokalzeit des WDR spontan in Erle drehte. Eine Juristin habe augenzwinkernd vermerkt, berichtet Carlo Behler, dass das Femegericht unter der Eiche eindeutig gegen heutige Rechtsmaßstäbe verstoßen habe: Öffentlichkeitsgrundsatz, Anwesenheit des Angeklagten und richterliche Beweisführung. Im November brachte Fernsehen und Hörfunk des WDR Berichte über die Bedeutung des 1000-jährigen Baumes anlässlich der Baumschnittarbeiten zur Entfernung des Totholzes.

Gedenktag am 22. März

Hubert Leiers weist auf den Gedenktag des Heimatvereins am 22. März anlässlich der der Bombardierung Erles vor 75 Jahren am 23.3. 1945. Ab 11 Uhr soll im Heimathaus bei einer von ihm zubereiteten Gemüsesuppe mit Zeitzeugenberichten der Zerstörung Erles gedacht werden. Um 18.30 Uhr wird am Ehrenmal unter Beteiligung mehrerer Vereine der Opfer von Kriegen, Diktatur und Verfolgungen gedacht werden.

Programm 2020/21

Das laufende Jahr bietet den Heimatfreuden wieder viele interessante Programmpunkte: u. a. ein offenes Singen, einen Ausflug in die Glockenstadt Gescher, eine Betriebsbesichtigung auf dem Hof Stegerhoff, das alljährliche plattdeutsche Theater und den Besuch des jüdischen Museums in Dorsten. Zudem stehen größere Umbauarbeiten im Heimathaus an. Das ehemalige Badezimmer wird zu einer behindertenfreundlichen Toilette umgebaut, die Küche bekommt einen neuen Belag, die Treppe einen zusätzlichen Handlauf und vor dem Eingang wird eine feste Rampe gebaut. Soviel wie möglich wird die Rentnergruppe des Vereins bei der Renovierung tatkräftig Hand anlegen.

Weil die Versammlung am internationalen Frauentag stattfand, nahm Norbert Sabellek diesen Gedenktag zum Anlass 7 besonders verdienstvolle Frauen mit einem Blumengeschenk zu ehren. Auch Hubert Leiers als ein Hauptsponsor des Vereins und Tobias Honvehlmann von der Landjugend als tatkräftiger Helfer auf der Babywiese wurden geehrt. Die Versammlung endete mit einem amüsanten Rückblick in Bildern und Filmen auf das vergangene Jahr und dem „Erlsken Leed“.

Wat sägg uis dat?

„Wi willt uis vandage en pleseerliken Naomidagg maaken“, kündigte Ingrid Horstmann den Besuchern die Aufführungen der „grooten Brejpottspöllers“ (Sekundarschüler der Plattdeutsch-AG) an. Mit viel Engagement hatten sie und die anderen Mentoren der AG Hedwig Rentmeister, Doris Grünewald und Mia Pass mit den Jungschauspielern kleine Sketche in Erler Platt eingeübt.

Fabeln

Der Fuchs luchst dem blasierten Raben den Käse ab

Auf dem Programm standen zuerst bekannte Fabeln: „Den Raawe un den Foss, den Foss un den Zeggenbuck un den Möller, sien Sonn un den Ässel“. Mit der rhetorischen Fage „Wat sägg uis dat?“ wurde zum Schluss die Moral der Fabeln beschrieben: die Dünkelhaftigkeit des Raben, die Leichtgläubigkeit des Ziegenbocks sowie das Bemühen, es allen recht machen zu wollen: „Daorüm doo du ümmer bloß dat, wat du sölws für richtig häöls – un lat de Löö praoten.“

Müller und Sohn tragen den Esel, um es den Leuten recht zu machen

„Nix wegschmitten“

Beim nächsten Vortrag ging es um die Veränderung der Lebensgewohnheiten und des Ortsbildes in Erle in den letzten Jahren. Hieß es früher : „Nix wegschmitten, et wött alles noch ebrukt.“ – aus ökologischer Sicht eigentlich fortschrittlicher als die Wegwerfmentalität heutzutage – hat die deutsche Frau heute „hunnertachtien  Kleddungsstücke in’t Schapp un de Kerls dreeunsewenzig. Un de Hälfte daorvan wött  gar nich annetrocken un weggeschmetten.“ Die jungen Leute machten sich in selbst geschriebenen Texten Gedanken darüber, „wat sik in öhr Lääwen un in Erle verännert häw.“

De Drej, de alls bäter wätt

Beim Sketch um Klatsch und Tratsch hatten die Brejpottspöllers sich Figuren, Utensilien, Text und Regie ganz allein ausgedacht. „De Drej, de alls wätt – un meestied sogar bäter“  zogen über Bekannte und Nachbarn her und der schwerhörige Opa verstand alles falsch.

Loriot-Sketch

Zum Schluss führten die jungen Schauspielerinnen den bekannten Loriot-Sketch „Dat Klaveer“ auf. Die Zuschauer amüsierten sich köstlich über die zahlreichen Pannen, die bei der Anlieferung eines Klaviers aus Massachusetts bei Familie Schulte-Schöttelkamp passieren. Die Videoaufnahmen für die edle Spenderin über die inszenierte Ankunft des Klaviers aus Amerika müssen ständig abgebrochen und wiederholt werden.

Gefilmte Anlieferung des Klaviers im Loriot-Sketch „Dat Klaveer“

Mit lang anhaltenden Applaus bedankten sich die Zuschauer bei den Brejpottspöllers und den Gitarrenspielern Norbert Sabellek und Christiane Wittig, die die Gesangseinlagen begleiteten. 

Die Brejpottspöllers und ihre Mentoren bekommen viel Applaus